Melatonin – Stellungnahme der AkdÄ zu Slenyto (frühe Nutzenbewertung § 35a SGB V)

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat in einer frühen Nutzenbewertung festgestellt, dass für die Behandlung von Insomnie bei Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) und/oder Smith-Magenis-Syndrom (SMS), wenn Schlafhygienemaßnahmen unzureichend waren, mit retardiertem Melatonin auf Basis der vorgelegten Daten kein Zusatznutzen zu sehen ist.

Die eingereichten Daten aus der Zulassungsstudie reichen nach Ansicht der AkdÄ nicht aus, um den Zusatznutzen von retardiertem Melatonin in dieser Indikation zu beurteilen, da die in den Leitlinien spezifizierte Best Supportive Care (BSC) nicht umgesetzt worden sei (AkdÄ. 2019).

Dabei sei, wie von der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. (DGSM) gefordert, „… zu berücksichtigen, dass Melatonin nicht im Sinne einer primären Monotherapie eingesetzt werden sollte, sondern immer erst dann in Betracht gezogen werden sollte, wenn das Problem noch besteht, obwohl Hinweise zur Schlafhygiene gegeben wurden und geprüft wurde, in welchem Umfang eine psychologische Behandlung zur Linderung oder Beseitigung des Problems beitragen kann“ (Kirchhoff et al 2018).

Es wäre, so die AkdÄ, wünschenswert diese Daten in einer Studie mit adäquater BSC zu generieren, da dies auch für die betroffenen Patienten relevant ist.

Den vom Hersteller vorgelegten Dokumenten ist jedoch die Feststellung zu entnehmen, dass aufgrund der chronischen Grunderkrankungen bereits ein ganzheitlicher und kontinuierlicher Betreuungsbedarf für die Kinder und Jugendlichen im Anwendungsgebiet von Slenyto besteht. Diese erhalten somit neben Schlafhygienemaßnahmen weitere Psychotherapien, die aber primär auf die Behandlung der Grunderkrankungen abzielen und nicht auf die der Schlafstörungen. Folglich können weitere Psychotherapien, welche die Patienten erhalten, nicht Teil der zweckmäßigen Vergleichstherapie sein, da sie nicht eindeutig der Behandlung von Schlafstörungen zuzuordnen sind. Entsprechend ist die Verhaltenstherapie in Form von Schlafhygienemaßnahmen eine nicht-medikamentöse Behandlung, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbar ist. Die nicht-medikamentösen verhaltenstherapeutischen Maßnahmen (Schlafhygiene) sind für die Patienten im AWG jedoch nur unzureichend wirksam (InfectoPharm 2013).

Über den Zusatznutzen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) voraussichtlich im Juli 2019.

Literatur

AkdÄ Stellungnahme zu Melatonin (2019) (Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störung und/oder Smith-Magenis-Syndrom), Nr. 750, A19-04, Version 1.0, Stand: 11.04.2019
InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH (2013).PedPR Melatonin (Slenyto®). Dokumentvorlage Dossier zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, Version vom 18.04.2013
Kirchhoff F, Paditz E, Thomas Erler T et al,(20018) Einsatz von Melatonin bei Kindern mit Schlafstörungen – Stellungnahme der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM) 2018 (entnommen www.dgsm.de)

Axel Steiger, Kaiserslautern [profsteiger@gmail.com]
Philip Heiser Nordhausen/Freiburg [philip.heiser@uniklinik-freiburg.de]
Otto Benkert, Mainz [otto.benkert@t-online.de]

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