Narkolepsie – Therapieperspektiven

Im Rahmen des Kongresses der European Sleep Research Society in Basel im September 2018 wurde in verschiedenen Beiträgen über neue Perspektiven in der Therapie der Narkolepsie berichtet.

Die Firma Jazz Pharmaceuticals hat mit Solriamfetol eine neue Substanz entwickelt, die für die Behandlung exzessiver Schläfrigkeit von Patienten mit Narkolepsie, aber auch mit obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom und mit Parkinson eingesetzt werden soll. Es handelt sich dabei um einen selektiven Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme Hemmer. Solriamfetol fördert den Wachzustand auf unterschiedliche Weise verglichen mit Modafinil und Methylphenidat. Die Wirkung der Substanz wird wahrscheinlich über Dopamin- und Noradrenalin-Transporter, aber nicht über Histamin oder Orexin vermittelt (Baladi et al. 2018). Phase-3-Studien untersuchten die Förderung der Wachheit bei Patienten mit Narkolepsie und obstruktiver Schlafapnoe. Mithilfe von multiplen Wachtests wurde placebokontrolliert eine nachhaltige Förderung der Wachheit bei den Patienten über neun Stunden nach morgendlicher Gabe gezeigt (Schweitzer et al. 2018). In einer weiteren Studie wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie Beeinträchtigungen bei der Arbeit und bei Freizeitaktivitäten von Patienten mit Narkolepsie unter Solriamfetol verbessert. Wie in anderen Studien waren Kopfschmerzen, Nausea, verminderter Appetit, Nasopharyngitis, trockener Mund und Angst die häufigsten Nebenwirkungen (Emsellem et al. 2018). In einer Langzeitstudie über den Zeitraum von einem Jahr wurden anhaltende Verbesserungen der Tagesschläfrigkeit bei Patienten mit Narkolepsie und mit obstruktiver Schlafapnoe gezeigt (Pepin et al. 2018). Experten trugen auf der Tagung ihre Meinung vor, dass mit Solriamfetol nach der Markteinführung ein gut wirksames und bei Patienten beliebtes Medikament zur Behandlung von Hypersomnie, insbesondere Narkolepsie und obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom, zur Verfügung stehen wird. Ein Antrag auf Zulassung wurde bereits bei der FDA gestellt.

Es wurde auch auf die Entwicklung eines Orexin-2-Rezeptor-selektiven Agonisten TAK-925 durch die Firma Takeda hingewiesen. Ausgehend von der Rolle des Untergangs Orexin produzierender Neurone in der Pathophysiologie der Narkolepsie, wird angenommen, dass Agonisten am Orexin-2-Rezeptor zur Behandlung dieser Erkrankung geeignet sein könnten. In einem Mausmodell der Narkolepsie mit Orexinmangel wurden die Wirkung von TAK-925, Modafinil und Clomipramin, verglichen. Modafinil reduzierte die Schläfrigkeit, während Clomipramin kataplexieähnliche Zustände reduzierte. TAK-925 bewirkte sowohl die Verbesserung der Tagesschläfrigkeit wie die Verminderung Kataplexie-ähnlicher Zustände. Nach vierzehntägiger Gabe der Substanz nahm die Förderung des Wachszustandes nicht ab. Aus diesen Ergebnissen wird die Hoffnung geschöpft, dass TAK-925 geeignet ist, ein breites Spektrum von Symptomen der Narkolepsie von Tagesschläfrigkeit bis zu Kataplexien nachhaltig zu behandeln (Suzuki et al. 2018).
R. Fronczek berichtete von einem Anstieg Orexin produzierender Zellen unter Opiaten im Gehirn von Menschen und Mäusen. Zunächst war bei post mortem-Analysen der Gehirne von vier Personen mit Heroinabhängigkeit eine deutliche Erhöhung der Zahl von Orexin produzierenden Zellen beobachtet worden. Dies veranlasste die Untersuchung des Effekts von Morphin auf die Zahl der Orexinzellen von Wildtyp-Mäusen. Bei transgenen Mäusen mit Verminderung der Orexinzellen, kam es nach Morphingabe zum Anstieg dieser Zellen. Schließlich verminderte Morphin Kataplexien bei einem Mausmodell der Narkolepsie mit Verlust von Orexinzellen. Aufgrund dieser Daten wird angenommen, dass Opiatagonisten zur Behandlung der Narkolepsie geeignet sein könnten. Es ist davon auszugehen, dass zunächst eine Opiatdosis mit dem geringsten Suchtpotential und der höchsten Sicherheit und Wirksamkeit herausgearbeitet werden muss.

Literatur

Baladi MG, Forster MJ, Gatch MB, Mailman RB, Hyman DL, Carter LP, Janowsky A (2018) Characterization of the neurochemical and behavioral effects of solriamfetol (JZP-110), a selective dopamine and norepinephrine reuptake inhibitor Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics 366:367-376

Emsellem H et al. (2018) Quality of life, functional evaluation, and work productivity in patients with narcolepsy: results from a phase 3 study of solriamfetol (JZP-110) Journal of Sleep Research 27

Pepin J et al. (2018) A long-term study of the safety and maintenance of efficacy of solriamfetol (JZP-110) for treatment of excessive sleepiness associated with narcolepsy or obstructive sleep apnoea Journal of Sleep Research 27

Schweitzer P et al. (2018) 0622 Solriamfetol (JZP-110) in the Treatment of Excessive Sleepiness in Narcolepsy and Obstructive Sleep Apnea: Maintenance of Wakefulness Test Results Across the Day Sleep 41:A231-A231

Suzuki M, Yukitake H, Ishikawa T, Kimura H (2018) An orexin 2 receptor-selective agonist Tak-925 ameliorates narcolepsy-like symptoms in orexin/ataxin-3 mice Sleep 41:A1-A1

Thannickal TC et al. (2018) Opiates increase the number of hypocretin-producing cells in human and mouse brain and reverse cataplexy in a mouse model of narcolepsy.Sci Transl Med. ;10(447). pii: eaao4953. doi: 10.1126/scitranslmed.aao4953.

Axel Steiger, München [steiger@psych.mpg.de]

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