Carbamazepin – Therapiesicherheit bei der Behandlung: HLA-Allele disponieren für UAWs

Mit einer Carbamazepin-Behandlung ist häufiger als bei den meisten anderen Medikamenten das Auftreten eines Stevens-Johnson-Syndroms (SJS) oder einer Toxischen Epidermalen Nekrolyse (TEN) als schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen bekannt.
Es liegen Daten vor, die darauf hinweisen, dass das Allel HLA-A*3101 bei Personen mit europäischer Abstammung sowie bei Japanern mit einem erhöhten Risiko von Carbamazepin-induzierten unerwünschten Arzneimittelwirkungen der Haut assoziiert ist (McCormack et al. 2011). Das Risiko Carbamazepin-induzierter Hautreaktionen kann hierdurch von 5,0% bei der Allgemeinbevölkerung auf 26,0% bei Patienten europäischer Abstammung steigen. Dennoch liegen derzeit keine ausreichenden Daten für die Empfehlung einer Untersuchung auf das Vorliegen des Allels HLA-A*3101 vor Beginn einer Behandlung mit Carbamazepin vor (Grover u. Kukreti 2014). Möglicherweise besteht die HLA-Assoziation häufiger bei allgemeinen Hautveränderungen als beim Auftreten eines Stevens-Johnson-Syndroms (SJS) oder einer Toxischen Epidermalen Nekrolyse (TEN). Zudem wurde nachgewiesen, dass das Vorhandensein des Allels HLA-B*1502 bei Personen, die von Han-Chinesen oder Thailändern abstammen, vermehrt mit dem Risiko des Auftretens schwerer Hautreaktionen, und zwar des Stevens-Johnson-Syndroms, verbunden ist (Tangamornsuksan et al. 2013). Die Prävalenz von Trägern des HLA-B*1502-Allels beträgt bei Han-Chinesen und Thailändern etwa 10 %. Daher sollten diese Personen gemäß FI vor Beginn einer Therapie mit Carbamazepin genetisch auf dieses Allel hin untersucht werden.

Fazit

Hinweise darauf, dass grundsätzlich vor Einnahme von Carbamazepin eine HLA-Genotypisierung erfolgen soll, ergeben die bisherigen Erkenntnisse (noch) nicht. Gemäß den Empfehlungen der Fachinformationen sind HLA-Genotypisierungen vor der Initiierung einer Therapie mit Carbamazepin nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen vorgeschrieben. Der klinisch tätige Psychiater sollte beim Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen verstärkt auch an die Assoziation mit genetischen Ausstattungsmerkmalen denken. Inwieweit eine HLA-Genotypisierung klinische Relevanz haben wird, muss erst in weiteren Studien untersucht werden. Gleichwohl sollte insbesondere aufgrund sich verändernder ethnischer Patientengruppen an die HLA-Assoziationen im Rahmen einer neu zu beginnenden Pharmakotherapie gedacht werden.

Literatur

McCormack M, Alfirevic A, Bourgeois S et al. (2011) HLA-A*3101 and carbamazepine-induced hypersensitivity reactions in Europeans. N Engl J Med. 2011 Mar 24;364(12):1134-43.
Grover S, Kukreti R (2014) HLA alleles and hypersensitivity to carbamazepine: an updated systematic review with meta-analysis. Pharmacogenet Genomics. 2014 Feb;24(2):94-112

Tangamornsuksan W, Chaiyakunapruk N, Somkrua R et al. (2013) Relationship between the HLA-B*1502 allele and carbamazepine-induced Stevens-Johnson syndrome and toxic epidermal necrolysis: a systematic review and meta-analysis. JAMA Dermatol. 2013 Sep;149(9):1025-32.

Michael Paulzen, Aachen, [mpaulzen@ukaachen.de]

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