Methylphenidat – Neue Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS

Da Methylphenidat auch bei Erwachsenen mit Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) inzwischen zugelassen ist, (s. parallele News: [Methylphenidat - BfArM erweitert Zulassung bei ADHS auch für Erwachsene](http://www.kompendium-news.de/2011/06/methylphenidat-bfarm-erweitert-zulassung-bei-adhs-auch-fur-erwachsene/)) sind Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu diesem Wirkstoff auch für die Erwachsenenpsychiatrie wichtig.

Im 1.12.2010 ist ein Beschluss des G-BA über die Verordnung von Stimulantien bei Kindern und Jugendlichen in Kraft getreten (http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-aufgabenbereich/7/#1185/). Darin wird die __Richtlinie zur Verordnung von Stimulantien wie Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS__ aufgrund möglicher Risiken dieser Arzneimittel weiterhin streng gefasst.

Die Diagnose soll leitlienengemäß gestellt werden. Sie soll auf einer vollständigen Anamnese und Untersuchung des Patienten basieren und anhand der diagnostischen Kriterien (ICD-10, DSM-IV) gestellt werden. Die Arzneimittel dürfen nur von einem Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen verordnet und unter dessen Aufsicht angewendet werden. Zu den Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen gehören nach diesem Beschluss Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin; Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie; Fachärzte für Nervenheilkunde, für Neurologie und/oder Psychiatrie oder für Psychiatrie und Psychotherapie sowie ärztliche Psychotherapeuten mit einer Zusatzqualifikation zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen nach § 5 Abs. 4 der Psychotherapie-Vereinbarungen. Um die Versorgung auch in ländlichen Regionen zu gewährleisten, dürfen Hausärzte Folgeverordnungen vornehmen, wenn gesichert ist, dass die Aufsicht durch einen Spezialisten für Verhaltensstörungen erfolgt. Um den Nutzen der Stimulantien-Therapie überprüfen zu können, soll __mindestens einmal im Jahr ein Auslassversuch erfolgen__

Es erfolgt damit eine Übernahme der Formulierung an die Vorgaben der EMA zur Zulassung Methylphenidat-haltiger Arzneimittel („European Medicines Agency makes recommendations for safer use of Ritalin and other methylphenidate-containing medicines in the EU“ vom 22/01/2009).

Wir sind detailliert auf diese EMA Vorgaben in unserer News vom 09.02.2009 eingegangen.

Klinische Konsequenzen:
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Nach den neuen Richtlinien des G-BA soll sich die Diagnostik der ADHS bei Kindern-und Jugendlichen strenger an die diagnostischen Leitlinien halten. __Methylphenidat ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von ADHS bei Kindern ab 6 Jahren angezeigt, wenn sich andere therapeutische (psychotherapeutische, pädagogische und soziale) Maßnahmen als unzureichend erwiesen haben__. Allerdings besteht in den verschiedenen Leitlinien Einigkeit darüber, mit Methylphenidat die Therapie dann gleich zu starten, wenn es sich um eine krisenhafte Zuspitzung oder um eine stark beeinträchtigende Symptomatik handelt. Die mögliche Verordnung von Methylphenidat wird auf eine Gruppe von Spezialisten reduziert. Auslassversuche sind vorgeschrieben.

Die Amphetamin-haltigen Präparate (__off-label__ bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS) werden in dieser Richtlinie zwar nicht erwähnt; die Richtlinie sollte aber identisch auch bei diesen Präparaten angewandt werden. In der Erwachsenenpsychiatrie sollte gleichermaßen vorgegangen werden.

__Philip Heiser, Freiburg und Frankfurt (Oder)__

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