Melatonin – Neuzulassung eines Schlafmittels

Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) (Handelsname Circadin®) wurde 2008 zur Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichnete Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren zugelassen.
Melatonin imitiert die physiologische Melatoninfreisetzung und übt dadurch einen positiven Effekt auf das Schlafverhalten aus. Es wird in der Zirbeldrüse aus Serotonin gebildet und wirkt nicht wie die Benzodiazepine als Ligand an den Benzodiazepinrezeptoren, sondern als Ligand an den Melatoninrezeptoren (MT1‒MT3). Im Verlauf der Nacht kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Synthese und Ausschüttung. Die Tagesperiodik wird über den Lichteinfall im Auge geregelt. Melatonin reguliert, wie auch eine Lichtexposition, den zirkadianen Rhythmus. Im Alter sinkt die Melatoninproduktion.

Die Dosierung beträgt bei Einschlafstörungen 2 mg (1‒2 h vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit). Die Dosierung muss über drei Wochen aufrechterhalten bleiben.

Melatonin ist nebenwirkungsarm und hat einen mässigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Es gibt Interaktionen: Die Kombination von Fluvoxamin mit Melatonin verzögert deutlich die Elimination durch Hemmung von CYP1A2 und CYP2C19 und führt dadurch zu erhöhten Melatoninspiegeln. Durch Rauchen oder andere Induktoren von CYP1A2 ist mit einer Reduktion der Plasmakonzentrationen von Melatonin zu rechnen. Die gleichzeitige Einnahme von Alkohol und Benzodiazepinen ist zu vermeiden.

Zum Zeitpunkt der Zulassung besteht ein eingeengtes Zulassungsspektrum. Die schlafinduzierende Wirkung bei chronischer Insomnie ist nicht belegt. Weitere klinische Erfahrungswerte zur Wirksamkeit müssen abgewartet werden. In den USA ist Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel seit >15 Jahren frei verkäuflich. Es gibt gute Hinweise zur Wirkung von Melatonin auf das Jetlag-Syndrom und neu zur Wirkung beim Benzodiazepinentzug und zur Verbesserung des Tag-Nacht-Rhythmus bei Alzheimer-Demenz.

Eugen Davids, Oberhausen
Otto Benkert, Mainz

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